(Auszug aus dem Sachsen-Anhalt-Heft von „Bauen Wohnen Freizeit“ August 2014)

 

DENKMAL
Halle: Mit viel Liebe zum Detail saniert


Seit fast 200 Jahren gehört die einstige kleine Amtsstadt Glaucha nun schon zur Stadt
Halle. Zu besonderer Bekanntheit gelangte dieses heutige Wohngebiet in der südlichen
Innenstadt durch das Wirken des Theologen und Pädagogen August Hermann Francke.
Vor gut 320 Jahren zum Pfarrer an die St.-Georgen-Kirche gerufen, gründete er hier in
Glaucha wenige Jahre später eine Armenschule – die nach ihm benannten und zu Weltruf
gelangten Franckeschen Stiftungen.
Im Gegensatz zu vielen anderen mitteldeutschen Städten wie Dessau und Magdeburg
blieb die Stadt Halle im zweiten Weltkrieg weitgehend von großflächigen Zerstörungen
verschont. Doch die dadurch erhalten gebliebenen, meist ungepflegten Gebäude fristeten
lange Zeit nur ein Schattendasein – nicht selten bis zum teilweisen oder sogar totalen
Verfall. Und so wurden auch in Glaucha die zahlreichen architektonischen
Schmuckkästchen zunehmend zum städtebaulichen Problem. Allein das Etikett des
Denkmalschutzes reicht zur Gesundung und Wiederbelebung nicht aus, wenn sich kein
zahlungskräftiger Investor findet oder Eigentümer nicht über die notwendigen finanziellen
Mittel verfügen.
Nur wenige Meter vom Rannischen Platz entfernt wird am 5. September der erfolgreiche
Sanierungsabschluss von gleich zwei Häusern (Wörmlitzer Straße 3 und 4) feierlich
begangen. „Ende des 19. Jahrhunderts wurde hier anstelle vorstädtischer Gärten und
kleiner Wohngebäude eine Reihe repräsentativer, hoch aufragender bürgerlicher
Wohngebäude mit bemerkenswertem gründerzeitlichen Fassadenreichtum errichtet.“,
erklärt Architektin Jennifer Köhler. Sie stellt gerade eine Ausstellung zur feierlichen
Eröffnung zusammen, welche die baulichen Besonderheiten der beiden jetzt aufwändig
sanierten Gebäude, deren Entdeckung – teils erst während der laufenden
Sanierungsarbeiten – und Erhalt, dokumentieren wird. Und davon gibt es in den beiden
denkmalgeschützten Gemäuern ein ganze Reihe – die straßenseitig verklinkerte Fassade
mit ihren Schmuck- und Zierelementen, historische Hauseingangstüren aus Holz,
Holzbalkendecken, historische Stuckdecken und Holztreppen inklusive Holz-
Treppengeländer, historische Wohnungstüren aus Holz und nicht zuletzt die zahlreichen
Decken-, Wand- und Stuckbemalungen. Dass die beiden in der Wendezeit vom 19. zum
20. Jahrhundert errichteten Häuser jetzt wieder in neuem Glanz erstrahlen und dabei auch
viele historische Details für die Nachwelt erhalten werden konnten, sei vor allem dem
Würzburger Eigentümer (seit 2008) Rainer Hartl zu verdanken. Er habe sogar selbst Hand
angelegt, um verborgene Verzierungen an Wänden und Decken freizulegen und zu
restaurieren.
Nun können die beiden sanierten Häuser bezogen werden – acht Wohnungen in der
Nummer 3 (Drei- und Vierraum, 71 bis 85 Quadratmeter) sowie neun Wohnungen in der
Nummer 4 (Ein- bis Fünfraum, 52 bis 149 Quadratmeter), jeweils ausgestattet mit Balkon
und zugehörigem Kellerraum. Dazu gibt es in der Nummer 4 jetzt auch einen Aufzug.

(Text: Frank Schumann)